Unternehmen tun gut daran, ihre Produkte aus der Kundenperspektive zu betrachten. Wir zeigen auf, wie gute Usability zu einem entscheidenden Marktvorteil wird …
Allen Produkten, die heute erfolgreich auf dem Markt bestehen, ist mindestens eine Eigenschaft gemein: gute Benutzbarkeit(Usability). Denn erfolgreiche Unternehmen denken schon lange nicht mehr nicht nur aus der Perspektive des Anbieters, sondern vor allem auch aus der des Benutzers. Kunden interessieren sich nicht für technische Machbarkeit und deren Hürden. Sie fordern Produkte, die einfach zu bedienen und leicht zu erlernen sind. Das gilt für physische wie virtuelle Erzeugnisse gleichermaßen.
Gibt es aber eine allgemeine Grundlage, auf der die Usability von Websites und Apps heute aufbaut? Ja und nein, denn einige interaktive Elemente wie z.B. Checkboxen oder Login-Formulare gelten inzwischen allgemein als gesetzt. Das Nutzerverhalten dagegen ist einem stetigen Wandel unterworfen – so hat etwa die weltweite Verbreitung von Smartphones dafür gesorgt, dass heute deutlich mehr gescrollt wird, während Nutzer vor dessen Einführung vermehrt geklickt haben.
Um erfolgreich innovative Produkte zu entwickeln, ist es für Unternehmen daher immer ratsam, Standards und dynamische Entwicklungen miteinander zu kombinieren.
Wie aber hält man Schritt und läuft nicht Gefahr, für die Usability wichtige Veränderungen zu verpassen?
Für Manager digitaler Produkte, Geschäftsführer, die ihr Unternehmen digitalisieren wollen, Product Owner sowie all jene, die unseren Artikel „Was ist UX Design“ gelesen haben und gerne tiefer in die Thematik einsteigen möchten.
Folgende Fragen beantworten wir in diesem Artikel:
- Was heißt Usability?
- Warum ist Usability wichtig?
- Was unterscheidet Usability von Usefulness?
- Was sind Zusammenhänge und Unterschiede von Usability und User Experience?
- Wie lässt sich Usability optimieren?
- Was ist ein Usability-Test?
- Wie kann man Usability messen?
- Wo kann man sich noch vom Markt abheben?
- Wie profitieren Unternehmen von Usability?
Was heißt Usability?
Der Begriff "Usability" steht für "Benutzbarkeit". Darunter fallen unter anderem Learnability und Efficiency, aber auch Accessibility - also Erlernbarkeit und Effizienz sowie Zugänglichkeit.
Alle drei Kriterien beschreiben Anforderungen, die ein gutes Produkt (Website oder App) bei der Benutzung aufweisen muss. Mit anderen Worten: Ist etwas leicht zu erlernen, ist es effizient zu nutzen und problemlos zugänglich? Wenn ja, spricht man von einer guten Usability.
Warum ist Usability wichtig?
Optimierte Usability ist ein essentieller Aspekt des Produktversprechens, denn um sich am Markt von Mitbewerbern abzugrenzen, ist eine einfache Bedienbarkeit inzwischen unerlässlich.
Beispiel 1: In einer Nutzerumfrage im Bereich Fashion gaben bereits im Jahr 2017 mehr als die Hälfte der Befragten (55%) an, dass der Aspekt Nutzerfreundlichkeit/Bedienbarkeit darüber entscheidet, ob sie eine Website erneut besuchen, 33% gaben an, dass die Qualität der Usability darüber entscheidet, ob bzw. wie viele Produkte sie kaufen.
Beispiel 2: In der Studie “Simplicity – The world’s simplest Brands 2018-2019” wird deutlich, dass die Brands mit der “einfachsten” Usability zugleich die erfolgreichsten sind.
Beispiel 3: Die deutsche Supermarktkette Rewe hat in ihrem Segment “Rewe Digital” eigens ein Inhouse-UX-Team installiert, da es für ihren Geschäftserfolg von entscheidender Bedeutung ist, dass die Thematik Usability bei allen unternehmerischen Schritten mitgedacht wird.
Was unterscheidet Usability von Usefulness?
Um am Markt erfolgreich zu sein, bzw. überhaupt bestehen zu können, muss ein Produkt seinen Nutzern einen klaren Mehrwert bieten. Dieser Mehrwert definiert sich zu großen Teilen dadurch, wie nützlich, also “useful” ein Produkt ist.
Usefulness beschreibt also das Angebot eines Produktes an sich. Ist es etwas, das dem Nutzer hilft? Braucht es der Nutzer überhaupt? Kann es in dieser Form in den Alltag des Nutzers integriert werden? Entspricht das Produkt-Angebot den Anforderungen des Nutzers, ist schon einmal viel richtig gemacht worden. Dennoch besteht die Möglichkeit, dass sich das Produkt nicht adäquat nutzen lässt. Dies kann an unsachgemäßer Umsetzung liegen oder auch an einer mangelhaften User Experience während der Nutzung. In diesem Fall sollte die Usability verbessert werden. Gute Usability ist für den Erfolg eines Produkts auf lange Sicht unumgänglich.
Was sind Zusammenhänge und Unterschiede von Usability und User Experience?
Am besten lässt sich dies an einem praktischen Beispiel veranschaulichen.
Nehmen wir an, du bist zu Besuch in einem fremden Büro und möchtest dir in der dortigen Kaffeeküche einen Cappuccino machen, kennst jedoch die Kaffeemaschine nicht.
Erwartungshaltung (vor der Nutzung):
- Du möchtest einen Cappuccino mit super Milchschaum
- Du hast noch niemals zuvor Milch per Hand aufgeschäumt, hast zuhause einen automatischen Milchaufschäumer
- Du hast Angst, etwas falsch oder kaputt zu machen
Erlebnis (während der Nutzung):
- Sämtliche Bedienelemente der Maschine sind klar gekennzeichnet und leicht zugänglich
- Im Display der Maschine erscheinen leicht umsetzbare Tipps zum Aufschäumen der Milch, wie die ideale Menge der Milch, der perfekte Winkel des Glases etc.
- Die Anordnung der Bedienelemente und die Leistung der Maschine sorgen dafür, dass der Milchschaum schneller fertig ist, als du es von deinem eigenen Gerät gewohnt bist
Eindruck (nach der Nutzung):
- Du hast ein perfektes Getränk gezaubert
- Du hast die Angst vor dem Prozess “Milchaufschäumen” verloren
- Du bewertest das Produkt positiv – bist der Maschine/der Brand dankbar für den Support
- Du erwägst, die Maschine auch für dich selbst zu erwerben
- Du hast eine generell positive Brand-Erfahrung
- Die Wahrscheinlichkeit der Weiterempfehlung/Word-of-mouth ist hoch
Die Usability beschreibt in unserem Beispiel also den Zeitraum, in dem es um die tatsächliche Bedienbarkeit des Produkts geht. Zeitlich gesehen geht der Usability ein Bedürfnis nach Problemlösung oder eine Phase allgemeiner Erwartung – ein User Need – voraus. Die Kombination aus einem erfüllten User Need und einer benutzbaren Lösung ergibt ein Produkt das "useful", also nützlich oder sinnvoll ist. Diese Erfahrung schlägt sich anschließend in allgemeiner Zufriedenheit mit dem Produkt und Vertrauen in bzw. längerfristiger Bindung an die Marke nieder. Die User Experience umfasst den gesamten Prozess: vor, während und nach der Nutzung.
Gibt es keinen User Need, der erfüllt wird, hilft auch optimale Usability nichts. Ein perfekt benutzbares Produkt, das niemand benötigt, wird am Markt nicht auf Anklang treffen. Ähnlich verhält es sich, wenn eine Produktidee zwar User Needs befriedigt, das Produkt selbst aber nicht benutzbar ist. Weder das eine noch das andere ergibt ein nützliches Produkt und ist daher zum Scheitern verurteilt.
Wie lässt sich Usability optimieren?
Wenn Kunden zum ersten Mal auf die Benutzeroberfläche einer Website oder App stoßen, sollten sie sich leicht genug zurechtfinden können, um ihre Ziele zu erreichen, ohne sich dazu auf externes bzw. Expertenwissen verlassen zu müssen.
Ein Design mit vorbildlicher Benutzbarkeit führt die Kunden durch den einfachsten und am wenigsten arbeitsintensiven Weg. Eine optimale Usability sollte daher folgende UX Design-Kriterien enthalten:
1) Zugänglichkeit: Ist das Design für alle Kunden erfassbar? (z.B. auch für Menschen mit Farbblindheit o.ä.)
2) Erlernbarkeit: Führt es zu einem unmittelbaren Verständnis der Benutzeroberfläche?
3) Effizienz: Wenn der Kunde das UX Design verstanden hat – wie schnell kann er die erforderliche Schritte erledigen?
4) Zufriedenheit: Wie angenehm ist die Benutzung?
5) Einprägsamkeit: Wie schnell finden sich die Kunden nach längerer Nichtbenutzung wieder in die Bedienbarkeit ein?
6) Fehlertoleranz: Wie fehleranfällig ist die Nutzung des Produkts und wie leicht kann der Kunde seine Fehler korrigieren?
7) Machbarkeit: Führt die Bedienung zu einem guten Nutzungserlebnis in der verwendeten Technologie? Ist die Performance auf allen Endgeräten optimal?
Wir bei Boana teilen zudem die Umsetzung von Digital-Produkten in weitere Kategorien ein – angelehnt an Terminologien des deutschen Handwerks/Architektur:
Materialgerecht: Wurde das Design auf die vorgesehene Technologie abgestimmt? Designs für Web-Applikationen sollten anders gestaltet werden als native Apps. Oft ist die Berücksichtigung der technologischen Rahmenbedingungen ein Faktor, der Usability beeinflusst.
Fachgerecht: Besonders wichtig bei B2B-Produkten. Spiegelt es die weitläufig akzeptierten Lösungen einer Branche wider?
Mediengerecht: Stichpunkt Responsive Design und verschiedene Bildschirmgrößen, sowie die Vermeidung von Medienbrüchen.
Wer Interesse hat, sein Produkt einem Usability Test unterziehen zu lassen, bucht uns am besten für eine Experten-Evaluierung oder beginnt zunächst einmal mit einem UX-Audit.
Was ist ein Usability-Test?
Wie am Kaffeemaschinen-Beispiel oben bereits angedeutet, ist es zwingend erforderlich, ein tiefes Verständnis der Benutzer-Kontexte zu haben, um ein Produkt mit optimaler Usability anbieten zu können.
Solche Nutzungsszenarien werden darum auch für virtuelle Produkte in unterschiedlichsten User Testings untersucht, bevor sie als App bzw. Websites auf den Markt kommen.
Beispiele für Methoden aus dem Umfeld der Usability-Tests sind zum Beispiel:
- User Performance Tests, in denen gemessen wird, wie lange ein Nutzer braucht, um eine Aufgabe zu erledigen.
- User Interviews, in denen das subjektive Empfinden der Testpersonen abgefragt und deren Verhalten beobachtet wird.
- Eye Tracking Studien, bei denen die Augenbewegungen während der Nutzung aufgezeichnet werden und so das unterbewusste Handeln abgefragt wird.
- Heat Maps, durch die Klickverhalten und Navigationspfade veranschaulicht werden.
- Prototypen Testing, in denen durch A/B-Tests Erkenntnisse gewonnen werden.
- Tests zur Barrierefreiheit, die klären, ob ein Produkt einfach zugänglich ist.
Generell richtet sich die Intensität des Testings nach dem Innovationsgrad des Produkts. Besteht zum Beispiel schon ein “Desk Research” und ist eine große Anzahl an Insights bereits bekannt, wird man statt eines umfangreichen Testings eher einen heuristischen Ansatz wählen und mit dem Wissen von Experten gestalten.
Wie kann man Usability messen?
Zur Messbarkeit der Usability haben sich zwei Ansätze als sinnvoll erwiesen. Einmal geht es darum, abzuprüfen, wie die Nutzer etwas tun und zum anderen ist es wichtig zu analysieren, wie sie davon erzählen.
UX KPI’s im Hinblick auf Verhalten:
- Die Anzahl der korrekt ausgeführten Aufgaben (Task Success Rate)
- Die Zeit, die benötigt wird, um eine Aufgabe erfolgreich zu erfüllen (Time on Task)
- Die Zielsetzung: Schafft es der User, sein Ziel via Navigation zu erreichen oder benötigt er die Suchfunktion? (Search vs. Navigation)
- Die Fehlerquote (User error Rate): Wie häufig passieren fehlerhafte Aktionen?
UX KPI’s im Hinblick auf Meinungen:
- Die Befragung der Nutzer durch einen 10-Punkte-Usability-Fragebogen (System Usability Scale)
- Die Messung der Kundenzufriedenheit durch den Net Promoter Score (NPS), der auf Grundlage der Beantwortung dieser Frage erhoben wird: “Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die Marke, Website, Service etc. einem Freund oder Kollegen empfehlen?”
- Die Customer Satisfaction, die ebenfalls nur eine Frage stellt: “Wie zufrieden sind Sie mit der Webseite, dem Produkt, Service etc.?”
Wo kann man sich noch vom Markt abheben?
Seit Jahren setzen große Marken auf gute Usability und gutes UX Design. Ein klassisches Beispiel ist immer wieder Apple, aber auch Google optimiert – von Nutzern meist unbemerkt – kontinuierlich seine Produkte.
Die großen Player sind oft in der Lage, Design-Konventionen zu definieren, an denen sich die restlichen Marktteilnehmer orientieren müssen. Da die Marktführer einer große Anzahl an Nutzern vorleben, wie z.B. eine Suchmaschine auszusehen und zu funktionieren hat, ist es gerade für kleinere Unternehmen meist schwierig bis unmöglich, mit diesen Konventionen zu brechen. Oft sind Innovationen im Usability-Bereich also Grenzen gesetzt, weil die vorherrschenden Nutzergewohnheiten bereits von den großen Marken definiert wurden.
Nichtsdestotrotz besteht immer noch viel Spielraum, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Dies sieht man beispielsweise an der ständigen Weiterentwicklung von Checkout- oder Account-Erstellungs-Prozessen. Da sich Änderungen an gesamten Prozessen wie auch an der kleinsten Interaktion auf die Benutzbarkeit auswirken, ist deren Optimierung ein kontinuierlicher Vorgang.
Ein großer Teil dessen ist auch die ständige Weiterentwicklung von Technologien, deren Implementierung einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Usability haben kann. Die inzwischen gängige Identifizierung per Video erleichtert und beschleunigt Prozesse z.B. ungemein – ein klarer Usability-Vorteil.
Klar ist aber: Ob Startup, KMU oder Weltmarktführer – gute Usability wird heute von Kunden schlichtweg erwartet und ist eine nie endende Verpflichtung zur ständigen Verbesserung.
Optimale Usability ist unerlässlich für gutes UX Design – also Einfachheit, Verständlichkeit, Einprägsamkeit und Wiedererkennbarkeit – auch im Sinne der Marke.
Zwar wird sich allein wegen guter Usability kein Kunde für ein Produkt entscheiden, aber schlechte Usability kann durchaus zur Ablehnung führen.
Wie profitieren Unternehmen von Usability?
In dem Moment, in dem ein Unternehmen im Wettbewerb steht, muss es die beste Usability bieten, um wahrgenommen zu werden. In stark gesättigten Märkten trägt die Benutzerfreundlichkeit somit entscheidend zur Differenzierung und Positionierung bei.
Die Einfachheit im Handling steigert dementsprechend die Wahrscheinlichkeit zur Kaufentscheidung, was wiederum dem Absatz zugutekommt (Conversion-Optimierung), zu besseren Bewertungen im Netz führt (vgl. Net Promoter Score) und so dauerhaft Neukunden generiert.